Der Reichtum und die Vielfalt von altüberlieferten Sitten und Bräuchen sagen etwas aus über das Geschichtsbewusstsein eines Volkes der letzten Generationen, durch Kriegseinwirkungen und fremde Besatzungsmächte, durch die zunehmende Motorisierung und die Explosion von Medien in der einst so stillen und beschaulichen Eifel stellt man bedauernd fest, dass viele Sitten und Bräuche nicht mehr gepflegt oder deren Sinnhaftigkeit zu wenig begriffen werden.

Weiberfastnacht: Schulkinder verkleiden sich, gehen von Haus zu Haus und erhalten Süßigkeiten oder Geld. Fastnachtslieder werden keine gesungen. Am sogenannten "Fetten Donnerstag" treffen sich auf freiwilliger Basis Frauen, die sich als "Möhnen" verkleiden, in die Dorfgaststätte ziehen und dort bei Kaffee und Kuchen einen lustigen Nachmittag verleben.

1. Mai: Die Junggesellen des Dorfes stellen in der Nacht zum 1. Mai einen "Maibaum" auf. Am Lagerfeuer hält man Wache und lässt die Branntweinflasche kreisen. Ist der Monat Mai vorbei, wird der Fichtenstamm verkauft und der Erlös verjubelt.

Das rechte Bild zeigt die Maibaumaufstellung von 1965.


St. Martin: Die Kinder des Dorfes gehen mit der Fackel, vom Musikverein Retterath und der Freiwilligen Feuerwehr Lirstal begleitet, singend durchs Dorf zum Martinsfeuer auf "Eichels", das die Schulkinder Wochen vorher gesammelt und aufgebaut haben. Abschließend stiftet die Gemeinde den Kindern einen "Martinsweck".

Nikolaus: Bis vor einigen Jahren versammelten sich am Vorabend des 6. Dezember die Klein- und schulpflichtigen Kinder in der Lirstaler Dorfkapelle. Ein als Nikolaus verkleideter Mann sprach im Rahmen einer kleinen kirchlichen Feier zu den Kindern und verteilte Tüten, die vorher von den Eltern gemacht und mit Namensschildern der Kinder versehen wurden.

St. Barbara: Seit den 50er Jahren lässt der Lirstaler Jagdpächter am St. Barbaratag mit Süßigkeiten gefüllte Tüten an alle Kinder und ältere Personen (ab 70 Jahre) verteilen.

Geburt: Ist ein Kind geboren, werden Pateneltern, die oft noch nichts von "ihrem Glück" wissen, von Bekannten "geschwärzt", d.h. Leute, die von der Patenschaft etwas wissen, fahren den Pateneltern mit einer rußigen Hand durchs Gesicht, so dass alle die zukünftigen Paten erkennen.
Ausgestorben ist seit dem ersten Weltkrieg das Bilden einer Rotte, die aus Häusern der Nachbarschaft bestand. Frauen aus dieser Rotte versorgten bei einer Geburt in sorgfältiger Weise die Wöchnerin, das neugeborene Kind, Haus, Küche, Stall usw. Als Dank wurden diese dann später auf den Taufkaffe eingeladen.

Hochzeit: Eine Woche vor der Hochzeit treffen sich Junggesellen, Klassenkameraden und Geladene vor dem Haus der Braut und veranstalten die sogenannte "Hillich". Schliff man früher an einem Wagenrad unter Getöse eine alte Sense, so macht man heute Krach mit leeren Glasflaschen, Sirenen, Autohupen, um die bösen Geister zu vertreiben. Scherben werden vor die Haustüre geworfen sehr zum Leidwesen der Kehrenden. Es werden "Hillichlieder" gesungen, ein hohes "Brautgeld" in Empfang genommen und anschließend auf das Wohl des zukünftigen Eheleute kräftig gezecht. 

Tod: Verschwunden ist der Brauch der Leichenwache (Totenwache) und das Fahren der Leiche unter Beteiligung des ganzen Dorfes zum Friedhof. Seitdem in Retterath eine Leichenhalle (1971) errichtet wurde, wird der Leichnam dorthin gebracht. Im Ort wird jedoch noch an drei Abenden der Rosenkranz für den Verstorbenen gebetet.

Kartage: Messdiener, die als "Klepperjungen" in den vorösterlichen Kartagen klappernd durchs Dorf gehen und allen die Morgen-, Mittags- und Abendzeit verkünden und zum "Engel des Herrn" auffordern, weil "die Glocken in Rom sind" und die dann für Ihre Messdienerfahrt sammeln.

Schmerzensfreitag: Bis in die 70er Jahre hielt sich ein uralter spezieller Lirstaler Brauch, der während der Pestzeit (vielleicht um 1650?) entstand. Die Bauern von Lirstal legten seinerzeit - angesichts der zahlreichen Pesttoten in der Gemeinde - ein Gelübte ab: Falls die Scherzhafte Muttergottes sie vor kommender Pest bewahre, wolle man den Schmerzensfreitag (= Freitag vor Karfreitag) so halten, dass sich an diesem Tage keinerlei Räder drehen. Nur die absolut notwendigen landwirtschaftlichen Arbeiten sollen erledigt werden, ansonsten gedenke man im Gebete der Muttergottes und des Gelübdes.
  



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